Nacktdach als Hingucker

Nacktdach als Hingucker

 

Kaum eröffnet hat das Zentrum Grimseltor in Innertkirchen bereits einen Architekturpreis gewonnen. Zur Attraktivität des Baus tragen nicht nur die sorgfältige Formgebung und die weiss pigmentierten Sichtbetonfassaden bei, sondern auch das Nacktdach in Schieferoptik. Als fünfte Fassade ergänzt es die an die umliegenden Felswände angelehnte Optik des Gebäudes bestens und punktet auch auf der Kostenseite.
 Die Pässe Grimsel und Susten prägen seit Jahrhunderten das Dorf Innertkirchen im Berner Oberland. Hier machten die Säumer Rast und noch heute markiert die Verzweigung der beiden Passstrassen die Ortsmitte. Als Dorfzentrum wurde der Kreuzungspunkt aber nie wahrgenommen. Seit dem letzten Frühling ist das anders: Im Mai wurde direkt an der Kreuzung von Grimsel- und Sustenstrasse das Zentrum Grimseltor samt dem zugehörigen Dorfplatz eröffnet. Das Ensemble, das bereits einen Architekturpreis erhalten hat, ist Teil einer umfassenden Erneuerung des Dorfkerns. «Ein intaktes und attraktives Dorfzentrum mit der zugehörigen Infrastruktur ist wichtig um Arbeitskräfte für die Kraftwerke anziehen zu können», sagt Ernst Baumberger, PR-Chef der Kraftwerke Oberhasli (KWO), Gemeinderat und Leiter der Baukommission des Grimseltors.

Wettbewerb sorgt für bauliche Qualität
Auslöser für die Planung des neuen Dorfzentrums war vor fünf Jahren die Ankündigung der am Platz ansässigen Dorfladen-Besitzer, bald in Pension gehen zu wollen. Die Verantwortlichen im Ort packten die Gelegenheit und entwickelten die Idee eines neuen Dorfzentrums mit Laden, Post, Tourist-Office, Mehrzwecksaal und Dorfplatz. Die KWO als Landbesitzerin war bereit das Grundstück im Baurecht für einen symbolischen Franken abzugeben und zwei Millionen an die Baukosten beizusteuern. Das restliche Geld stammt von der Gemeinde (1.25 Mio. Franken), dem Kanton Bern (0.9 Mio. Franken) und einer eigens gegründeten Genossenschaft. Um ein Projekt von hoher Qualität zu erhalten, schrieb man einen offenen Wettbewerb aus. Mehr als 60 Architekturbüros reichten ihre Vorschläge ein. Das Rennen machten die Basler Gschwind Architekten. Ihr Gebäude umfasst den vorgelagerten Dorfplatz auf zwei Seiten wie eine schützende Hand. Der Platz und die Eingänge ins Gebäude liegen gut einen Meter höher als das Strassenniveau. Dieser Höhenunterschied schützt das Gebäude vor Hochwassern und macht das Dorfzentrum zu einer Bühne, die Platz für Feste und Veranstaltungen bietet. Im Erdgeschoss befinden sich eine Volg-Filiale mit Postagentur, ein Foyer sowie das Tourist-Office, im Geschoss darüber der grosse Veranstaltungssaal.

Nacktdach als optimale Lösung
Mit seinen Vor- und Rücksprüngen, den zur Gebäudemitte hin abfallenden Dachkanten sowie den Sichtbetonfassaden nimmt das Grimseltor Form und Charakter der umliegenden Berge auf. Dazu trägt auch das Dach bei, dessen Konstruktion die Planer vor besondere Herausforderungen stellte. Zum einen bestehen die schwach geneigten Dachflächen aus verschiedenen Teilflächen mit unterschiedlicher Form und Neigung, zum anderen fordert das Klima im Tal dem Dachmaterial einiges ab: Im Winter kann es bitterkalt werden, im Sommer brennt die Bergsonne aufs Dach und Föhnstürme können gewaltige Sogkräfte erzeugen. Nicht zuletzt setzte das Budget von fünf Millionen Franken für den Bau enge Grenzen. Deshalb fiel die Wahl schliesslich auf eine Nacktdachkonstruktion. «Moderne, hochqualitative Bedachungsmaterialienerlauben den Einsatz dieser Konstruktion heute auch an so exponierten Stellen», sagt Renato Burgermeister, Leiter Technik beiSoprema in Spreitenbach. Das Unternehmen hat alle Berechnungen für das Dach durchgeführt und die Materialien geliefert. Neben den Sogkräften erforderte auch die Neigung des Daches eine sorgfältige Planung: Die Materialien mussten so gewählt werden, dass die verschweissten und verklebten Flächen auch bei starker Erwärmung nicht zu weich werden und abrutschen.

Weitherum sichtbar
Basierend auf diesen Vorgaben entstand schliesslich die jetzt realisierte Lösung:
Auf der Tragkonstruktion aus Holzbalken liegt eine Deckschicht aus Holzplatten mit verklebten Stössen. Darüber folgen eine Dampfbremse und zwei Lagen Steinwolle à je 120 mm Dicke. Sämtliche Schichten sind miteinander verklebt. Die über den Steinwollplatten liegende Zwischenlage ist vollflächig aufgeschweisst und an den neuralgischen Stellen zusätzlich  mechanisch befestigt um ein Abheben durch Sogkräfte zu verhindern. Den Abschluss macht eine aufgeflammte Elastomerbitumenbahn mit weisser Schieferoptik. Deren Bahnen wurden von der Bedachungsfirma Growe aus Wichtrach exakt nach den Vorgaben des Architekten verlegt, so dass die Stösse ein harmonisches Muster erzeugen. Dank der gewählten Konstruktion wird das Dach des Grimseltors zur fünften Fassade, die perfekt mit den Sichtbeton-Aussenfassaden harmoniert und zugleich von weit her auf die neue Mitte von Innertkirchen hinweist: Denn während die Dachfläche von der Strasse oder vom Dorfplatz aus kaum wahrgenommen wird, ist sie bei der Fahrt vom Grimsel- oder Sustenpass hinunter ins Dorf zu gut zu sehen.

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